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Der Rächer der Verdammten

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deekin03
deekin03 Beiträge: 395 ✭✭✭
bearbeitet August 2013 in Rollenspiel-Bereich
von dexM Gilde Wolfsbanner ((Die Handlung dieses Threads und alle darin
handelnden Personen sind frei erfunden.
Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Rollenspielern,
existenten Online-Rollenspielen sowie aktiven oder inaktiven Chars wäre rein zufällig))



Oghmastag – 24. Eleasias 1479 – 12. Stunde – Hochsonne.

Die Straße, die zum Revier 13 der Stadtwache führt, ist zu dieser Tageszeit wie ausgestorben. Nur das monotone Klappern eines Windrades ist zu hören. Von irgendwo her weht eine klagende Mundharmonia-Melodie. Eine hochgewachsene Gestalt betritt die Straße. Der Mann trägt einen fast bodenlangen Staubmantel; einen ausladenden Hut. Ein Auge ist von einer schwarzen Augenklappe bedeckt. In den Halftern an seiner Hüfte stecken zwei gnomische Repetier-Kreuzbögen.

Breitbeinig geht er auf das Gebäude zu, über dessen Tor – neben dem Wappen des Neuen Niewinter – das Zeichen des 13. Reviers prangt: Das Banner des Wolfes!

Unter seinen gespornten Lederstiefeln knirscht der Kies. Drei Stufen geht es hoch. Dann steht der Unbekannte im Vorraum. Hinter dem Schaltertresen sitzen der Unteroffizier vom Dienst, Korporal Bofinger und Gefreiter Brombragîn. Sie spielen Karten. Unwillig und ohne aufzublicken, stellt der Korporal die Frage:

„Wohin wollt Ihr?“

Als keine Antwort folgt, beenden die Chargen ihr Spiel und Korporal Bofinger wendet sich dem Fremden zu:

"Nun, was wollt Ihr?"

Anstelle eine Antwort zu erhalten, sieht der Soldat, wie das eine Auge seines Gegenübers ihn nur abschätzend mustert. Keine sonstige Regung in dem verwitterten, wettergegerbten Gesicht des Unbekannten! Nichts, was etwas über dessen Gedanken oder Absichten verriete! Endlich. Nach einer langen, quälenden Pause:

„Wo ist das Büro des Chefs?“

„Ich bedaure, werter Kämpfer, aber Hauptmann Erswig wurde gestern zu den gepanzerten Pionieren versetzt.“

„Das war nicht meine Frage, Korporal.“

Aus seiner Ruhe gebracht, stammelt der verdutzte Mannschaftsdienstgrad:

„Da-, da hinten. Aber da könnt Ihr nicht...“

Ohne den Blick von ihm abzuwenden, greift der Einäugige in die Brusttasche seines Staubmantels, zieht ein zerknittertes, mehrfach gefaltetes Papier hervor und knallt es auf den Tisch. Dann kehrt er auf dem Stiefelabsatz und macht sich auf den Weg in die angegebene Richtung.

„Halt! Stehengeblieben!“

Doch sein Protest verbleibt ungehört, der Fremde verschwindet in Hauptmann Erswigs Amtsstube. Nun reicht es dem Korporal! Er springt er auf, packt seinen Kreuzbogen und eilt dem einäugigen Rauhbein hinterher. In der Zwischenzeit hat sich Gefreiter Brombragîn das zerknitterte Papier gegriffen, das der Fremde am Tresen hinterließ. Korporal Bofinger will eben die Tür zum Kommandantenbüro aufreißen, als er hinter sich die Stimme des Gefreiten hört:

„Achtung, Korporal!“

Das >Achtung< läßt ihn innehalten und umdrehen. Zornig kehrt er gestreckten Schritts zum Vorraum zurück.

„Was gibts denn?“

Der zwarghische Gefreite reicht dem Korporal das fleckige Papier:

„Lies das!“

Die Ränder des Zettels sind speckig, Flecken von Rotwîn sind darauf und der gebräunte Kreisrand wohl eines achtlos darauf abgestellten Glases zeichnet sich ab. Als er die Intitulatur erfaßt hat, stockt der Unteroffizier vom Dienst:

„Ein amtliches Schreiben aus der Kanzlei des Fürststatthalters!“

Verdutzt blickt er in das Gesicht des Gefreiten, der sich von seiner Verblüffung bereits erholt hat.

„Mehr noch! Lies weiter!“

Korporal Bofinger tut wie ihm geheißen und liest. Das Schreiben entpuppt sich als die Ernennungsurkunde eines wieder einberufenen Reservisten, dessen Name in Kämpferkreisen legendär ist:

MAJOR WAYN RUHSTER!


„Wayn "Das Gesetz" Ruhster? Ich dachte, der wäre längst in Ruhestand!“

„Zu seiner besten Zeit soll an der Schwertküste keiner schneller gezogen haben als er!“

„Hast Du seine Repetier-Kreuzbögen gesehen? Damit soll er problemlos zehn Pfeile in 15 Sekunden verschießen können.“

„Mann! Und jezt ist "Das Gesetz" unser neuer Chef! Unglaublich!“
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Kommentare

  • deekin03
    deekin03 Beiträge: 395 ✭✭✭
    bearbeitet August 2013
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    Das Revier 13 der Stadtwache erstreckt sich – weitab von der Halle der Gerechtigkeit in einem der Außenbezirke der Statthaltersenklave gelegen – von den Mauern des Friedhofs bis zu den Immunitätsmauern der Abtei. Anders als im Zentrum der Statthaltersenklave, wo die Elite der Stadtwache für Ordnung sorgt, war es nie sonderlich prominent besetzt gewesen. Die Talentierten und Ambitionierten haben sich bemüht, Revier 13 nur als mißliche Durchgangsstation in ihrem Lebenslauf zu betrachten und sich schnell wegbefördern zu lassen. Nun, da der Zuständigkeitsbereich seit dem Edikt von Stubbenmoor zusätzlich um Einiges verkleinert worden war, hat man auch noch die letzten Tauglichen abgezogen.

    Alles, was von dem einst so stolzen Fähnchen des 13. Reviers – dem Banner des Wolfes – übrig geblieben ist, ist eine Parade der Schäbigen: Mutlose, Gezeichnete, Hoffnungslose, Alte, Ungeeignete, Prahler. Ein Krüppel ist darunter und ein Minderjähriger – die Meisten von ihnen können nicht einmal lesen!

    Allesamt fünfzehn Leichtgewichte, mit denen kein Staat zu machen war...
  • deekin03
    deekin03 Beiträge: 395 ✭✭✭
    bearbeitet August 2013
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    Major Wayn „Das Gesetz“ Ruhster hat sich im Büro seines Vorgängers eingerichtet, sich in die offenen Fälle und Akten eingelesen. So manches Mal hat er den Kopf geschüttelt und einen kräftigen Schluck >Schlächters Feuer< genommen. Es klopft. Schlachtwebel Stutsch tritt ein, ein untersetzter Rothaariger mit blauen Augen und einem kräftigen Doppelkinn. Er richtet sich auf, wodurch sein Schmerbauch entblößt zum Vorschein kommt, steht stramm, grüßt und meldet:

    „Schlachtwebel Stutsch, Herr Major, ich melde:
    Revier 13 der Stadtwache mit 15 Mann in der Stärke 0/1/14 zur Inspektion angetreten!“

    >Das Gesetz< grüßt lässig zurück und murmelt etwas Unverständliches vor sich hin. Nachdem er sein Brandglas geleert und auf seinen Schreibtisch gestellt hat, steht er auf. Als er den Hof betritt, ertönt der Ruf:

    „AbteilUUUNG! STILLgestanden!
    Augen gerade – AUS!
    Das GEWEHR...:"

    Die Stadtwächter greifen lustlos nach ihren Schwertern.

    Üüü-ber!“

    Nun ziehen sie blank und legen die Klingen bei herunterhängendem Arm an die rechte Schulter an. Alles Andere als ein Bild militärischer Genauigkeit oder Akkuratesse – die Waffen klirren ungebührlich lange und laut. Und es dauert. Während Schlachtwebel Stutsch im Brustton der eigenen militärischen Bedeutung noch seine Befehle geben will, hat „Das Gesetz“ den Hof, in dem ein sinnentleertes, militärisches Zeremoniell seine Urstände feiert, längst wieder verlassen.

    Wayn „Das Gesetz“ Ruhster hat sich aufgemacht!
    Nach draußen!

    Auf die Straßen und Gassen Niewinters, wo die wirklichen Probleme dieser Stadt mit Händen zu greifen sind:
    Mutlosigkeit, Spießbürgertum, Bigotterie, Arroganz, Profitgier, Dummheit und Ignoranz...
  • deekin03
    deekin03 Beiträge: 395 ✭✭✭
    bearbeitet August 2013
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    SEIN ERSTER FALL – DER MIT DEM WOLFSBANNER TANZT Teil I oder: FÜR EINE HANDVOLL ASTRALDAMANTEN


    Major Wayn >Das Gesetz< Ruhster hat Klint, seinen treuen Amphailerhengst im Stall eingestellt, hat ihn gestriegelt und gefüttert. Nun, in den frühen Abendstunden, ist >Das Gesetz< auf dem Weg zurück zu seiner neuen Dienststelle. Der Weg ist nicht weit. Weiter oben, an einer Hausecke, bietet ein kleiner Halbelf süße Ziedernfrüchte feil. >Das Gesetz< hat den Ziedernverkäufer noch nicht erreicht, als unweit von diesem eine Tavernentür auffliegt und eine Gruppe von Adventürern auf die Straße tritt. Laut lachend bewegt sie sich in Richtung des Halbelfen, wo auch ihre Zelther angebunden sind. Ihre Rüstungen und Aufmachungen sind aufgetakelt mit allerlei teuer zu kaufendem Schnickschnack. Lautstark prustet einer von ihnen, so daß es auf der ganzen Straße zu hören ist:

    „Stellt euch das vor: Dieser *SQUEEEK* hat seine 600.000 Astraldamanten einfach gelöscht! Einfach gelöscht! Und ich sag ihm noch: Kauf dir einfach Zen z.B. für 100 AD pro Stück (zu diesem Preis verkauft niemand Zen, da wär man ja schön blöd), dann brichst du die Transaktion wieder ab und die Anzahl an ADs, die du für die Anzahl an Zen gebraucht hast, sind in deinem Tauschkonto. Und ich sags nochmal: Du willst die 600.000 ADs wieder im Tauschkonto haben, also kaufst du dir 5000 Zen für 500.000 ADs und 1000 Zen für 100.000 ADs. Dann brichst Du beide Transaktionen in aller Ruhe wieder ab und hast die 600.000 ADs im Tauschkonto! Die Sache ist doch wirklich echt einfach, oder nicht?“

    „Jedes Kind kapiert das!“

    „Sag ich doch! Und dann wird rumgenölt, daß es ziemlich blöd ist, weil man ja Geld dafür bezahlt hat.
    Ich hab noch NICHT EINEN Zen für sowas ausgegeben! Ich grindele mich einfach hoch!“

    „Ich verstehe diese Typen nicht, die sich nach Monaten immer noch über die Bedingungen hier beschweren! Es gibt eben nicht alles gratis im Leben. Und Dummheit zahlt sich halt einfach nicht aus.“

    „Rechtschaffenheit ist nunmal die Wiese, auf der die Versager grasen!“

    „Meine Rede!“

    Als sie an dem kleinen Ziedernhändler vorbeikommen, rempelt einer der Adventürer den Halbelfen absichtsvoll und so heftig mit dem Arm an, daß dessen Korb in hohem Bogen durch die Luft fliegt und die Früchte im Schmutz landen. Klaglos kniet der Händler nieder und sammelt seine Ware wieder ein – unter den spöttischen Bemerkungen und dem Hohngelächter der Umstehenden:

    „Seht euch den kleinen Mischling an!“

    „Ja, bück dich, du Stück!“

    „Na, hast du Probleme, Kleiner?“

    Nun wagt der Halbelf, doch zu widersprechen:

    „Nur jene Probleme, die Ihr mir verursacht habt, werter Herr Adventürer.“

    Der Angesprochene, dessen übertrieben buntes Äußeres eher an einen Kasperltropf, denn an eine ernstzunehmende Persönlichkeit erinnert, geht hochmütig darauf ein:

    „Ach, das tut mir aber leid, wenn ich Euch Probleme bereitet haben sollte! Aber Ihr sollt nicht von mir denken, ich sei hartherzig. Hier, du kleine Mißgeburt!“

    Er wirft ihm schadenfroh lachend einen Kupferling zu. Der Halbelf aber klaubt weiter sein Obst zusammen, ohne die Münze zu beachten.

    „Das war wohl zu wenig, hä? Na, ich will mal nicht so sein.“

    Der Adventürer, der einen bunten Vogelhelm auf dem Kopf trägt, wirft ihm einen Silberling hin.

    „Nimms ruhig. Ich habe heut 24.000 ADs abgesahnt!“

    Der Halbelf zögert kurz, dann – seine verdorbene Ware bedenkend – greift er nach dem hingeworfenen Brosamen. In diesem Augenblick tritt der Vogelbunte so heftig auf die ausgestreckte Hand des Kleinen, daß dieser vor Schmerz aufschreit. Die aufgedonnerten Gecken lachen meckernd. Plötzlich surrt ein Bolzen durch die Luft und trifft den glänzenden Mithril-Kniebuckel des Adventürers. Der Aufprall des Geschosses reißt den Fuß des Aufschneiders von der Hand des Halbelfen und hinterläßt eine deutliche Delle in dem Rüstungsteil. Entrüstet über den entstandenen Schaden, kreischt der Getroffene hysterisch auf:

    „Was war das? Was war das? Meine schöne, neue Rüstung! Schaut Euch meine schöne Rüstung an! Da ist jetzt 'ne Delle drin!!!

    Seine schrille Fistelstimme erinnert an eine der professionellen Provinzschönen, die in der Treibholztaverne gelegentlich ihre Dienste anbieten und der eine Kollegin den Büstenhalter stibitzt hat. Einer seiner Kumpane meint:

    "Das muß ein Bolzen von einem Kreuzbogen gewesen sein!"

    "Von einem Kreuzbogen??? Wer war das?!?“

    Ein anderer tippt ihn an und weist auf den Einäugigen in seinem langen Staubmantel, der in einiger Entfernung auf der Straße steht und in dessen Hüfthalftern zwei Kreuzbögen stecken.

    „War der das?“

    Ruhig, doch bestimmt, spricht >Das Gesetz<:

    „Laßt den Händler in Ruhe!“

    Der Hysterische beruhigt sich, denn er sieht in dem alten Mann mit den verwitterten Gesichtszügen keinen Gegner. Sich sicher wähnend, baut der Extrovertierte sich breitbeinig vor ihm auf und wagt keck einen verbalen Angriff:

    „Ey, Mann, Alter, wer hat dich auf die Straße gelassen, du Vogelscheuche? Bist du von nem Oger überrannt worden, oder wer hat Dich denn so zugerichtet? Mit deiner Fresse bist du ja der reinste Kinderschreck! Schau doch mal im Turm des Wandels vorbei und laß dich umoperieren! Oder reicht die Rente nicht dazu? Das muß echt hart sein...

    Während die Aufgetakelten laut lachen, läßt sich der Angesprochene von der hochmütigen Arroganz des Bunten nicht aus der Ruhe bringen.

    „Kennt ihr die Gesetze von Niewinter?“

    „Die Gesetze von Niewinter? Ich kenne den Chef vom Wolfsbanner, Alter! Den Hauptmann vom 13. Revier der Stadtwache!“

    „So, so. Du kennst also den Chef vom Dreizehnten. Na sieh mal an."

    Ruhig fährt >Das Gesetz< fort:

    "Ich jedenfalls kenne dich nicht! Und ich werde dieses Stadtviertel nicht irgendwelchen profitgierigen Adventürern überlassen, die für ein paar Astralkröten bereit sind, ihre eigene Mutter zu verkaufen! Und das, was Du hier machst, Kleiner, ist ein hübsches Vergehen nach KgO 4, § 3 Absätze 1, 2 und 4 in Tateinheit mit einer Ordnungswidrigkeit nach § 4 Absatz 1 sowie nach KgO 2 § 4 Absatz 5. Weil aber heute so ein schöner Oghmastag ist und ich gute Laune habe, drücke ich mal ein Auge zu:..."

    Die bisherige Lässigkeit im Redeton weicht großer und tiefer Ernsthaftigkeit, als er das Folgende hinzufügt:

    "...Bezahl einfach den angerichteten Schaden und ich lasse dich laufen."

    „Duuu? Du läßt mich laufen!“

    – quiekt der Angesprochene, plustert sich wie ein Gickel auf und läßt ein schrilles Lachen hören! Es dauert etwas, doch dann muß er erkennen, daß es seinem Gegenüber mit dessen Forderung ernst ist. Sein keifendes Gackern erstirbt und seine Miene verfinstert sich:

    „Na, warte, Du...“

    Der Vogelbunte will seinen Dolch ziehen, doch einer seiner Genossen hält ihn zurück und argumentiert tonfüßig:

    „Beruhige Dich, Einäugiger! Wir machen das hier doch nur zum Spaß an der Freude! Viele kennen die Gesetze nicht und wollen sich auch nicht mehr als nötig einarbeiten.

    Dann ergreift der Vogelbunte wieder das Wort:

    „Ich habe so das Gefühl, daß unsere Leute dieses Zeug auch gar nicht wissen wollen, weil garantiert jemand einen tollen Einfall hat, nicht wahr?“

    Dabei dreht er sich suchend zu den Umstehenden, als heische er um deren Zustimmung. Diese lassen nur ein dumpf-dummes Lachen hören. Der andere, tonfüßig argumentierende Adventürer setzt noch eins drauf:

    "Wir machen das doch nur zum Spaß, Einäugiger, und wir achten daher auf gewisse Dinge nicht so stark.“

    „Der Spaß hat jetzt ein Ende, Zweiäugiger!“

    Nun bauen sich die übrigen fünf Adventürer in einer Reihe hinter dem Vogelbunten und dem Tonfüßigen auf. Das Lachen ist aus ihren Gesichtern gewichen. Der Vogelbunte – sich durch den Rückhalt des übrigen Gesindels in selbstverliebter Stärke brüstend – fordert nun das Gegenüber in dreister Selbstüberschätzung:

    „Zieh!“

    >Das Gesetz< winkt gelangweilt ab und wendet sich an den Halbelfen.

    „Besser, wenn Ihr jetzt hier verschwindet, Herr!“

    Der kleine Ziedernhändler läßt sich das nicht zweimal sagen und rennt fort.

    „Zieh!“

    „Das willst du nicht wirklich, Vögelchen!

    Bis aufs Äußerste gereizt, brüllt der Vogelbunte:

    „ZIEH JETZT ENDLICH, ODER ICH BRINGE DICH EINFACH SO UM!“

    Statt des Angesprochenen greift einer der Adventürer in der zweiten Reihe zum Schwert. Ehe dieser seine Waffe gänzlich ziehen kann, surren vier Kreuzbogen-Bolzen durch die Luft. Der Vogelbunte schreit schmerzgepeinigt auf und der in der zweiten Reihe stehende Adventürer sinkt tödlich getroffen zusammen. Keiner der Adventürer hat bemerkt, was eigentlich geschehen ist. Tatsache ist, daß einer von ihnen mit einem Loch in der Brünne tot am Boden liegt und der Einäugige seinen Repetier-Kreuzbogen wieder in den Halfter steckt. Darüber hinaus ist die Schamkapsel am Panzerschurz des breitbeing dastehenden Vogelbunten von mehreren Bolzen aufgeschlitzt worden, so daß sein Gemächt für Alle offen sichtbar an der freien Luft hängt.

    „Meine schöne Rüstung! Ey, Mann! Weißt du, wieviel die mich im Zen-Store gekostet hat?“

    – kiekst er heraus, ungläubig auf sein baumelndes Schwängelchen starrend. Nun fühlen sich auch die Übrigen seiner Kumpane herausgefordert und ziehen blank. Natürlich nur ihre Schwerter! Wieder surren die Bolzen durch die Luft. Zuerst bricht der Tonfüßige mit einem klaffenden Loch in der Stirn zusammen und einen Wimpernschlag später liegen vier weitere Adventürer tot im Staub. Nun ist der Vogelbunte allein. Angst kriecht in ihm hoch. Nackte Angst. Er weiß, er ist allein. Mutterseelenallein. Und er weiß, daß er keine Chance hat! Schweißgebadet stammelt er:

    "Ey, Mann, wer bist du, Mann?"

    "Ich bin >Das Gesetz!<"

    Mit einem Schrei der Verzweiflung zieht der Vogelbunte sein Schwert und rennt gegen sein Schicksal an. Er kommt nicht weit. Drei Bolzen durchschlagen seinen Panzer und durchsieben seine Lunge. Die Aufschläge haben den Sturmlauf jäh gestockt. Statt Überraschung zu zeigen – falls er denn überrascht ist – will der Bunte sein Gegenüber spöttisch ansehen, wirkt dabei aber recht unbeholfen. So lächelt er eher infantil-naiv denn mysteriös, dann öffnet er den Mund, als wolle er etwas sagen. Doch nur ein Gurgeln dringt aus seiner Kehle und ein Schwall Blutes bricht hervor. Seiner Platten-Rüstung ist es zu danken, daß er noch steht. So sacken zunächst nur die Arme nach unten. Ungerührt hebt >Das Gesetz< seine Linke und feuert zwei weitere Bolzen ab, die die Rücken der Panzerschuhe zerfetzen. Der Getroffene wankt. Zwei weitere Schüsse zerreißen die Halterungen der Kniebuckel. Da die Blockade plötzlich gelöst ist, fällt der Vogelbunte zunächst auf die Knie. Unendlich langsam kippt er vornüber und stürzt – den blutspeienden Mund nach wie vor weit geöffnet – gänzlich Boden. Sein Gesicht schlägt dabei in dem dampfenden Kothaufen eines Zelthers auf. Tief graben sich die Zähne des Adventürers in die tierischen Exkremente, die ihm den Mund endgültig stopfen.

    Wayn >Das Gesetz< Ruhster pustet den feinen Rauch von den heiß gelaufenen Sehnen seiner Repetierkreuzbögen, ehe er sie wieder in die Halfter steckt und das jämmerliche Ende des Vogelbunten trocken kommentiert:

    "*SQUEEEK* gelaufen, was?"

    http://www.youtube.com/watch?v=zIlT0wkW9Vg

    Vom nahen Friedhof dringt ein leise säuselnder Klagegesang her – wie von einer Mundharmonia. Ist es der Wind, der das Lied vom Tod singt? In diesem Augenblick eilen einige Stadtwächter mit ihrem Fähnlein herbei:

    „Halt! Hier spricht die Stadtwache! Keiner rührt sich!“

    Auf die sieben Leichen blickend, fragt Schlachtwebel Stutsch entgeistert:

    „Was war hier los, Herr Major?“

    „Ich bin dabei, dem Wolfsbanner seine Ehre wieder zurückzugeben!“

    Er deutet auf das Fähnlein mit dem Wolfskopf. Dann setzt er den Weg zu seiner Dienststelle fort. Ohne sich nochmal umzudrehen meint er:

    „Ach, Stutsch, übrigens: Rufen Sie die Müllabfuhr! Die Straße sollte mal wieder gereinigt werden.“

    „Zu Befehl, Herr Major!"


    To be continued...
  • deekin03
    deekin03 Beiträge: 395 ✭✭✭
    bearbeitet August 2013
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    Nach den Vorfällen vor der Taverne "Zum gehängten Halbling" aufs Revier zurückgekehrt, hatte Major Wayn >Das Gesetz< Ruhster zunächst seine beiden 45-Kaliber-Repetier-Kreuzbögen, Marke Schmiß & Westgnom No. 1 "Friedensbringer", gereinigt, ihre Sehnen geölt und neue Bolzen eingesetzt. Dann gab er bei Schlachtwebel Stutsch den Sachverhalt zu Protokoll, der alles getreulich aufnahm, um den Akt danach abzulegen.

    Nun tritt >Das Gesetz< auf den Balkon seiner Amtsstube hinaus. Unter ihm liegt Niewinter. Hier – an der Front – ist ein Mann nichts, ohne seine Waffe! Ruhig bläst der Major den Rauch seiner Duwackspfeife in die Luft dieses Spätsommerabends. Selûne ist eben aufgegangen, aus dem "gehängten Halbling" dringen Gelächter und Musik herauf und in der Ferne sind die Lichter der Mondsteinmaske zu sehen.

    Dies mochte vielleicht nicht seine Stadt sein! Zumindest aber ist es sein Viertel! Und es ist sauberer geworden, seit dem er da ist! Und das zu wissen, ist ein verdammt gutes Gefühl...




    PROTOKOLL

    Datum:
    Oghmastag – 24. Eleasias 1479 – Zur 8. Stunde n. Hochsonne

    Ort:
    Stadthaltersenklave Niewinter, Revier 13 – vor der Taverne "Zum gehängten Halbling"

    Tatbeteiligte:
    En-Espil, Mushk, alias "Der Tonfüßige", alias "Das Gehirn", Adventürer, verstorben,
    Nagelkau, Gugul, alias "Dickes Ei", alias "Der Selbstsichere", Adventürer, desgl.,
    O'Larri, Geck, alias "Liquidator-Larri", alias "Der Hoyschreckh", alias "Adehmann", Adventürer, desgl.,
    Prahlebold, Jarlachsel gen. "der Ärmere", alias "Das Aushängeschild", Adventürer, desgl.,
    Schinder, Schwitzelaß, alias "Kleyne-Leute-Schreckh", Adventürer, desgl.,
    Thut und Thaugtnix, Lesenit von, alias "Der Leichte Baron", Adventürer, desgl.,
    Trullamal, Tritra, alias "Der Vogelbunte", Adventürer, desgl., sowie
    Ruhster, Major Wayn, Kdr. SW/13

    Sachverhalt:
    Der vorübergehend ortsansässige, stadtwachlicherseits als führendes Mitglied der Adventürergilde "Gelächter Newerwinters" aktenkundlich bekannte Adventürer Trullamal, der mit einer Gruppe von sechs weiteren Adventürern die Taverne "Zum gehängten Halbling" besucht hatte, wurde bei Ausführung eines Vergehens nach KgO 4, § 3, Absätze 1, 2 und 4 in Tateinheit mit einer Ordnungswidrigkeit nach § 4, Absatz 1 zu Lasten des Kleingewerbe-
    treibenden Zils sowie bei Ausübung einer Ordnungswidrigkeit nach KgO 2 § 4, Absatz 5 ertappt.

    Besagter Adventürer wurde daraufhin durch Maj. Ruhster zur Ordnung gerufen und zur Rede gestellt, verweigerte aber eine Bußgeldzahlung unter Verweis auf Unkenntnis der Gesetzeslage. An der Auseinandersetzung beteiligte sich der ortsansässige und ebenfalls aktenkundlich bekannte Adventürer En-Espil. Im Gange besagter Auseinandersetzung verübten beide gemeinschaftlich Ordnungswidrigkeiten im Sinne der KgO 1, § 4, Abs. 2., unter Tatbeteiligung fünf weiterer, aktenkundlich bekannter Helfershelfer in teils sehr teuer gearbeiteten, auffällig gefärbten Rüstungen mit teilweise extravaganten, vergrößerten Schamkapseln.

    Nachdem infolge der Begehung einer Handlung im Sinne der KgO 2, § 4, Abs. 6 durch einen der Helfershelfer ein Vergehen gegen KgO 1, § 3, Abs. 2 unmittelbar zu gewärtigen und damit die Notwehrlage in Form eines gegenwärtigen und rechtswidrigen Angriffs eingetreten war, handelte Maj. Ruhster gem. des Rechtsbewährungsprinzips und erschoß die sieben Adventürer in Ausübung seiner Pflicht.

    Zeugen
    Zils, Zorino, Kleingewerbetreibender,
    Ruhster, Major Wayn, Kdr. SW/13

    gez.
    Sw. Stutsch



    ABSPANN
    http://www.youtube.com/watch?v=9iteRKvRKFA

    y7ff7sd7.jpg